Der Commerce Reporting Standard – Wie eine Initiative Reporting und Analytics standardisieren wird
Viele Unternehmen kämpfen mit einem Problem: Key Performance Indicators werden überall unterschiedlich definiert. Es gib keine Guidelines, oder gar Vergleichbarkeit. Hier setzt die Initiative “Commerce Reporting Standard” an. Ich habe mich mit Anne Golombek, der Leiterin des Projekts, für ein Interview getroffen.
Anne Golombek ist als VP Marketing für die minubo GmbH tätig, die mit der minubo Commerce Intelligence Suite eine Lösung entwickelt und vertreibt, die Händler in die Lage versetzt, in allen Unternehmensbereichen datengetrieben bessere Entscheidungen zu treffen. Als Expertin in datengetriebenem Commerce ist sie eine der Initiatoren des Commerce Reporting Standard Projekts.
Hallo Anne! Vorab ein ganz großes Dankeschön, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Bitte stelle dich für die Leser einmal ganz kurz vor. Wer bist du, was machst du und welchen Bezug hast du zu Web Analytics/digitalen Daten?
Hallo Karsten, vielen Dank für die Chance, unser Projekt auf Deiner Plattform vorzustellen. Ich bin Anne Golombek – mit ursprünglich geisteswissenschaftlichem Hintergrund arbeite ich seit nun mehr fünf Jahren für minubo, seit drei Jahren in der Marketingleitung. Da wir mit minubo eine Commerce Intelligence Lösung entwickeln und vertreiben (also kurz gesagt: Business Intelligence speziell für den Handel) habe ich Tag für Tag mit Fragestellungen zu tun, die speziell Händler im Bereich Analytics umtreiben. Daher auch die Motivation zum Projekt des Commerce Reporting Standards.
Wir wollen helfen (…) ein Modell aus Kennzahlen und Best Practices zu entwickeln
In unserer täglichen Arbeit mit Händlern im Kontext des datengetriebenen Arbeitens beobachten wir schon länger, dass in der Branche viel Unsicherheit herrscht, wenn es darum geht, was zum Aufbau einer soliden Analyse- und Reporting-Infrastruktur eigentlich gemessen werden muss und wie. Genauer formuliert: Wie ein gutes Datenmodell speziell für den Handel aussehen sollte – ganz unabhängig von den eingesetzten Technologien. Hier wollen wir helfen, indem wir basierend auf unserer eigenen über die Jahre erworbenen Expertise sowie auf der Expertise anderer Partner wie z.B. Co-Initiator Project A ein Modell aus Kennzahlen und Best Practices entwickeln, das den Händlern den Weg zu einer datengetriebenen Arbeitskultur deutlich erleichtern soll.
Was ist das Besondere an diesem Projekt? Wieso ist es so wichtig, was die Projektgruppe tut?
Ich denke, das Besondere an der Initiative ist vor allem die Tatsache, dass wir durch den Zusammenschluss so vieler Partner wirklich von einer Bündelung von Best Practices sprechen können – sodass wir am Ende auch ein wirklich tragfähiges, breit anwendbares Ergebnis erzielen. Und dieses Ergebnis ist deshalb wichtig, weil es in der heutigen Marktsituation ohne eine datengetriebene Arbeitskultur ganz einfach nicht mehr geht: Der Wettbewerbsdruck ist durch Marktteilnehmer wie Amazon & Co so immens hoch geworden, das jedes Unternehmen das maximal Beste aus dem machen muss, was es hat: Maximale Wertschöpfung aus den bestehenden Kundenbeziehungen und maximale Kosteneffizienz bei jeder Art von Investment – ob strategisch oder operativ, ob im Einkauf, in der Neukundenakquise oder in der Erweiterung des Kanalportfolios. Das geht nur datengetrieben.
Maximale Wertschöpfung aus den bestehenden Kundenbeziehungen und maximale Kosteneffizienz
Struktur des Projektes
Kannst du uns ein bisschen darüber erzählen, wie ihr strukturiert seid? Wie entwickelt ihr die Standards?
Das derzeitige Prozedere sieht so aus, dass wir uns aus dem großen Bereich des datengetriebenen Arbeitens im Handel einen Themenblock nach dem anderen vorknöpfen und jeweils für sich bearbeiten. Beim ersten Themenblock, dem wir uns gewidmet haben, sind wir dabei in drei Schritten vorgegangen: Als erstes die Ausarbeitung initialer Inhalte als Diskussionsbasis durch einen Partner – diese werden sukzessive auch im Projektforum veröffentlicht, um schon früh im Prozess Möglichkeiten der Diskussion zu eröffnen. Als zweiter Schritt folgt dann ein Workshop mit Partnern und anderen Interessierten – die Runde kann sich je nach Themenblock immer wieder ändern. Hier werden die initialen Inhalte diskutiert und ein Konsens erarbeitet. Im dritten und letzten Schritt bereiten wir den erarbeiteten Konsens dann geordnet auf und veröffentlichen ihn im Ergebnisbereich der Projekt-Plattform – unterteilt in die Systematisierung der entsprechenden Kennzahlen, ein Kennzahlenglossar und ein Begriffsglossar. Da das in der ersten Runde sehr gut funktioniert hat, werden wir dieses Prozedere voraussichtlich erst einmal beibehalten.
Wer ist an dem Projekt beteiligt? Und was versprechen sich die Gruppenmitglieder davon, bei euch mitzumachen?
Am Projekt beteiligt sind neben uns und Project A weitere Partner aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Neben Verbänden wie dem Händlerbund, dem bevh oder der Digital Analytics Association zum Beispiel auch die Fachhochschule Wedel mit ihrem von der Otto Group geförderten eCommerce-Studiengang, Dienstleister wie Spryker, commercetools oder mindlab, Agenturen wie Shopmacher oder Medien- und Beratungspartner wie shopanbieter.de. Im ersten Workshop kamen zusätzlich auch andere Interessierte dazu – so zum Beispiel Mitarbeiter der Otto Group oder des REWE-Verticals ZooRoyal. Die Partner sehen genau wie wir die große Leerstelle, die im Markt existiert, und haben, jeder aus seiner eigenen Marktposition heraus, ein originäres Interesse daran, sie zu füllen. Sei es zum Aufbau von Reporting im eigenen Unternehmen, zur Beratung von Kunden aus dem Handel, zur Weiterentwicklung der Branche insgesamt bzw. entsprechendem Benchmarking oder für die Entwicklung von Analytics-Produkten. Die Synergien, die hierbei durch die unterschiedlichen Fachperspektiven zustande kommen, sind darüber hinaus nicht nur inhaltlich, sondern auch unter Netzwerk-Gesichtspunkten für alle sehr wertvoll.
Standards zu setzen ist gerade im Bereich E-Commerce sehr schwierig. Wie wollt ihr es schaffen, dass sich die Definitionen durchsetzen?
Im ersten Schritt ist es ganz einfach ein Angebot, das nutzen kann, wer will – vergleichbar dem Open-Source-Gedanken in der Software-Entwicklung. Wir versuchen dabei, die Reichweite der Inhalte durch Medienpartner mittelfristig weiter zu steigern, um immer mehr Nutzer an Bord zu kriegen. Langfristig werden wir dann Kooperationen mit Partnern anstreben, die uns bei einer echten Standardisierung helfen können.
Wer kann bei dem Projekt mitmachen? Gibt es Beschränkungen?
Beschränkungen gibt es keine – wer Interesse hat, kann sich anmelden.
Nein, Beschränkungen gibt es keine – wer Interesse hat, kann sich anmelden. Entweder als reiner Rezipient über unseren Newsletter, über den alle Inhalte geteilt werden, oder als offizieller Partner, der aktiv an der Erarbeitung der Inhalte mitwirkt und/oder das Projekt durch seine Reichweite unterstützt.
Und wo veröffentlicht ihr die Ergebnisse? Wie können andere Unternehmen und Analysten die Erkenntnisse bekommen?
Alle Inhalte und Ergebnisse sind auf unserer Projekt-Plattform unter commerce-reporting.com öffentlich zugänglich.
Ganz herzlichen Dank dafür, dass du mit mir dieses Interview gemacht hast. Ich wünsche euch viel Erfolg für das Projekt Commerce Reporting Standard!
Vielleicht wird sich nach diesem Interview der eine oder andere fragen, wie diese Kennzahlen so aufgesetzt werden können, dass sie auch datenschutzkonform erhoben werden können. Um dem Datenschutz nach DSGVO gerecht zu werden, hilft der Fragebogen, den ich euch im Artikel fragebogen-datenschutzgrundverordnung verlinkt habe.